Hans Dominik: Hochströme

Die Elektroindustrie im Visier: Hans Dominiks Hochströme

In unserer Reihe der Werke des vor allem als Science Fiction-Autor bekannten Hans Dominik stellen wir nun mal etwas anderes vor: Hochströme. Auch dieser Band ist ein Roman, allerdings nicht Science Fiction. Vielmehr ein Roman aus der Elektritzitätsindustrie, oder sogar der Groß-Elektritzitätsindustrie, wie es auf einem historischen Einband heißt.

In Hochströme berührt Dominik ein Thema, das wir in der Zukunft auch beleuchten wollen: das des Umfeldes der SF-Romane zu Beginn des 20. Jahrhunderts. All die Technologien, von denen es in den Erzählungen wimmelt, kommen ja nicht von ungefähr. Vielmehr entstanden die Erzählungen in einem Umfeld, das von vielen Neuerungen geprägt war. Und die Elektroindustrie, wie wir sie heute nennen, war ein wichtiger Faktor dabei.

Es kommt daher gelegen, dass Hans Dominik hier ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudert. Denn er verarbeitete in diesem Roman seine Zeit bei Siemens & Halske, im Charlottenburger Werk. (1847 war die Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske in Berlin gegründet worden, einer der Vorläufer der heutigen Siemens AG.) Dort hatte man erkannt, dass er nicht nur konstruieren konnte, und ihn in das literarische Büro versetzt. In diesem ging es darum, die Produkte des Unternehmens oder dessen Projekte eingängig zu beschreiben, damit auch Nicht-Techniker begreifen konnten, um was es ging.

Dominik versetzt daher sein alter ego Julius König in ein Projektbüro bei Nestler & Siemers, und läßt uns an dessen nicht immer ungetrübten Erfahrungen in einem weltweit tätigen Konzern der Elektroindustrie teilhaben:

Im Frühjahr 1914 brachte ich einen Schlüsselroman heraus, in welchem ich den Doktor Howe, der mich aus dem Charlottenburger Werk herausgebracht hatte, sehr heftig durch den Kakao zog. Der Roman trug den Titel ‚Zu spät!‘, und es war auch zu spät, denn gerade als er erschien, starb dieser Doktor Howe, an der galoppierenden Schwindsucht. Er hat ihn leider nicht mehr gelesen.

Aus einem Brief von Hans Dominik, 1942. Zitiert nach Frank O. Hrachowy, Der Autor als Agentur der Moderne.

Der Roman erschien allerdings erst nach dem ersten Weltkrieg, obwohl er schon 1914 fertig war. Und auch der Titel wurde in Hochströme geändert, obwohl der frühere Titel zum Ende des Romans oft genug vorkommt.

König und seine Kollegen, erleben wie sich das Unternehmen gegen amerikanische Finanzleute wehren muss, die ihm das US-Geschäft abnehmen wollen:

Mir ahnt nämlich, Peters, daß vielleicht die ganze Firma da drüben über lang oder kurz rausgeschmissen werden wird. Einer meiner Verwandten aus der rheinischen Schwerindustrie sprach mir neulich davon. Sie sollen sich zu sehr mit den amerikanischen Kapitalisten eingelassen haben. Durch einen Trick haben die Amerikaner neulich die finanzielle Übermacht bekommen.

Hans Dominik, Hochströme

Ein Kollege Königs entwickelt dafür eine gute Gegenstrategie und macht eine kometenhafte Karriere im Konzern, die ihn bis an die Spitze führt. Andere Ingenieure des Büros werden in die Welt entsandt, um dort Elektrifizierungsprojekte zu übernehmen. Das bei diesem Wachstum ein bisschen die Menschlichkeit leidet, wird für König immer deutlicher und belastender. Er bekommt mit, wie Konkurrenten durch Absprachen vernichtet werden, und auch wie schlecht manche Mitarbeiter behandelt werden.

Was wollen Sie, Peters. Das ist überall so im Leben. Da sind die wenigen Großen, die sogenannten Schluckspechte, wie man hier im Werk sagt, die die riesigen Einkünfte schlucken, und daneben die breite Masse, der es nur mittelmäßig geht.

Hans Dominik, Hochströme

Für Julius König alias Hans Dominik endete diese Episode mit der Kündigung und dem Entschluß als freier Autor sein Geld zu verdienen. An diesem Punkt begann dann das Leben des Schriftstellers Hans Dominik, wie wir ihn kennen.