Ein wenig Technikgeschichte … in die Ferne sehen

Heute vor 90 Jahren, am 20. November 1928, begann laut Wikipedia die Reichspost Versuche mit Bildübertragungen. (Sucht man ein bißchen danach, findet man unterschiedliche Daten. Diese Periode scheint noch nicht gut dokumentiert zu sein.) Bei diesem frühen Versuch des Fernsehens wurden Fultographen zur Anzeige der übertragenen Bilder verwendet. Fultographen werden gemeinhin als eine Art Faxgerät erklärt, was aber heutzutage nicht mehr so anschaulich sein mag. Wann haben sie zum letzten Mal ein Gerät dieser ebenfalls aussterbenden Spezies in Funktion gesehen?

Die Bezeichnung Bildfunkempfänger, wie man den Fultographen damals bewarb, ist glaube ich sprechender. Außerdem macht sie den Unterschied zum Faxgerät klar: der Fultograph empfing seine Daten nicht übers Telefonkabel, wie die historischen Faxgeräte, sondern über Funk. Die Rundfunksender strahlten in den Sendepausen gerasterte Bilddaten aus, die mit den Fultographen elektrochemisch ausgedruckt werden konnten. Also kein Fernsehen — anscheinend wurden ergänzende Daten zu Nachrichten versendet, so zum Beispiel Wetterkarten. Da das Verfahren aber wenig Anklang fand wurden die Versuche bald wieder eingestellt.

Erfolgreicher verliefen um diese Zeit — 1928/29 — die Entwicklung der Fernsehtechnik, wie wir sie heute kennen. Zu dieser Zeit gelangen die ersten Live-Übertragungen von Bildern. Allerdings waren die Bildschirme noch recht klein, 4*4cm sollen die Maße des Schirms gewesen sein, den Denes von Mihaly auf der 5. Deutschen Funkausstellung vorstellte.

Die deutschsprachige Science Fiction war all dem aber gedanklich schon weit voraus gewesen. Schon etwa 30 Jahre vorher hatte Max Haushofer in seinem Roman Planetenfeuer die Bildübertragung als recht einfache Sache vorgestellt:

Das Pantoskop war eine Erfindung, die sich dem Telephon vollwertig an die Seite stellte. Eine Scheibe von schwarzem Glase nahm an irgend einem Orte der Welt das Bild einer Person, einer Gruppe, einer Landschaft oder eines Kunstwerks in sich auf und leitete es in einen optischen Apparat, der durch Telegraphendrähte mit anderen Plätzen der Welt verbunden war. Dort wurde das Bild wiederum auf eine Glasscheibe zum Entstehen gebracht und man brauchte bloß in einen Apparat hineinzuschauen, um zu sehen, wie es im selben Zeitpunkte an irgend einem ganz entlegenen Platze aussah. Auf Grund dieser Erfindung waren in allen größeren Städten Panoramen eingerichtet worden, in deren jedem man alle Sehenswürdigkeiten der Welt mit menschlicher beweglicher Staffage sehen konnte.

Den Fernsehpionieren der zwanziger Jahre muss man allerdings zugute halten, dass Max Haushofer seine Vorstellungen 100 Jahre in die Zukunft projizierte, in das München des Jahres 1999. Bis dahin hatte es das Fernsehen auch schon etwas weiter gebracht.

Eine Entsprechung zu Haushofers Pantoskopen ließe sich heutzutage wohl noch in den verbliebenen, öffentlich zugänglichen Webcams sehen. Allerdings dienen die weniger der Bildung als dem Veranschaulichen der Wettersituation, vor allem bei den Webcams der Wintersportgebiete. Also wieder Wetterdaten und wieder Funk (WLAN): an der Idee mit diesem Bildfunkempfänger scheint etwas dran gewesen zu sein.