EPUB, Herkunft und Ziele im Vergleich

EPUB ist ein Format für elektronische Publikationen. Soviel weiß der geneigte Leser höchstwahrscheinlich schon, wenn er sich entschlossen hat, diesen Beitrag zu lesen. Aber mehr? Um den Einstieg zu erleichtern, habe ich mich entschlossen, zunächst einmal EPUB mit einem schon bekannten Format, dem (bisherigen?) Standardformat für elektronische Bücher, Adobes PDF, zu kontrastieren.

Die Unterschiede beginnen schon beim Produzenten. Das Portable Document Format (PDF) hat eine lange Geschichte, war ursprünglich ein proprietärer Standard von Adobe Systems und wurde 2008 zu einem ISO-Standard. EPUB ist ein Produkt des International Digital Publishing Forums, einer Handels- und Standardisierungsorganisation, die in den USA beheimatet ist. Dem IDPF gehören Verlage, Buch-Handelsunternehmen und Technologieanbieter an – darunter auch Adobe Systems. Kennzeichnend für die Interessenslage ist wohl, dass derzeit Libri.de und MVB aus Deutschland in der IDPF vertreten sind, aber kein deutscher Verlag – wohl aber andere.

Aber kehren wir doch zu den Formaten zurück: PDF ist eine Seitenbeschreibungssprache. Ziel des PDF-Standards ist es, die vom Autor intendierten Inhalte und ihr Aussehen auf möglichst vielen Plattformen originalgetreu darzustellen. Das geht bis dahin, dass die verwendeten Schriften in die Dokumente eingebettet werden können. Das soll verhindern, dass auf dem Rechner des Lesers Ersatzschriften gefunden werden müssen, die das mühsam entworfene Layout wieder zerstören. Es geht eben darum, die Intention, die der Autor mit seiner Dokumentgestaltung hatte, möglichst genau zum Leser zu transportieren. Am leichtesten geht das natürlich, wenn die die Merkmale der Lesegeräte dem Seitenformat entsprechen, dass der Autor festgelegt hat. Einer der berühmten springenden Punkte, dieses Seitenformat, ein Überbleibsel aus der Zeit der Druckmedien.

Jeder, der schon mal einen Blogbeitrag geschrieben, eine Webseite erstellt hat, weiß, dass die Druckseite in HTML nicht vorhanden ist. HTML kennt zwar auch Seiten, aber hier handelt es sich eher um eine logische Trennung, nach inhaltlichen und/oder navigatorischen Gesichtspunkten, als um einen Umbruch nach dem Erreichen einer festen physischen Größe, wie dem unteren Rand der DIN A4-Seite.

EPUB beruht auf HTML, genauer gesagt XHTML, und hat sich daher dessen Gestaltungsansatz verschrieben. Dokumente im EPUB-Format sind dafür vorgesehen, auf Lesegeräten mit verschiedensten physischen Dimensionen gelesen zu werden. Bei der Erreichung dieses Ziels wäre eine fixe Seitengestaltung nur hinderlich, daher wird die Darstellung des Dokuments dem Leseprogramm
überlassen, wie dem Web-Browser bei normalen HTML-Seiten.

Verglichen mit der festgelegten Gestaltung eines PDF-Dokuments, lässt EPUB also zu, dass seine Textgestalt bei der Präsentation geändert wird. Das ermöglicht den Leseprogrammen, die Dimensionen und Fähigkeiten der vorhandenen Hardware voll auszunutzen, anstatt sich damit abzumühen Medienformate aus vergangenen Jahrhunderten möglichst genau nachzuahmen. Besonders für Geräte mit eher kleinen Bildschirmen, wie etwa Smartphones und Netbooks, ist diese Vorgehensweise vorteilhaft. Daher ist es kein Wunder, dass die wachsenden Verbreitung von EPUB und ähnlichen Formaten etwas mit der der eben genannten Geräteklassen zu tun hat.

Für iPhones und ähnliche Geräte gibt es zwar PDF-Anzeigeprogramme, aber das Lesevergnügen ist damit doch stark eingeschränkt. Als Leser muss man viel hin und her schieben, hinein- und herauszoomen, um den Inhat und dessen Kontext zu erfassen. Das hat sich schnell als unpraktikabel erwiesen.

Als Reaktion darauf haben Verlage, die ihre elektronische Bücher sonst als PDF herausgeben, damit begonnen, parallel auch Fassungen im EPUB-Format herauszugeben. Ein gutes Beispiel dafür ist der US-Verlag Pragmatic Programmers. PragProg bietet regulär mehrere Versionen seiner Bücher an. Zuerst handelte es sich nur um Papier- und PDF-Fassungen. Letztere sind vor allem für das Lesen am PC, oder mit expliziten Lesegeräten wie dem Sony-Reader gedacht. Parallel kann der Buchbesitzer aber auch Versionen seiner gekauften Werke im EPUB- oder Mobi- Format (letzteres für den Amazon Kindle) herunterladen. PDF und EPUB ergänzen sich hier also. Je nach Lesesituation nutzt man das eine oder das andere Format. Papier geht natürlich auch noch, aber das Herunterladen geht halt doch schneller als das Bestellen und Liefern lassen.

Aber die Tolerierung geht noch weiter. Wie wir noch sehen werden, ist EPUB nicht auf HTML beschränkt. Es ist durchaus möglich innerhalb einer EPUB-Datei dieselben Inhalte in verschiedenen Formaten anzubieten. Man kann also auch eine PDF-Fassung integrieren. Das Leseprogramm, oder der Leser, können dann entscheiden, welches Format am besten passt.